Waldlieder VII

Buch: Gedichte - Zweites Buch
Sammlung: Waldlieder

Schläfrig hangen die sonnenmüden Blätter,
Alles schweigt im Walde, nur eine Biene
Summt dort an der Blüthe mit mattem Eifer:
Sie auch ließ vom sommerlichen Getöne,
Eingeschlafen vielleicht im Schooß der Blume.
Hier, noch Frühlings, rauschte die muntre Quelle;
Still versiegend, ist in die Luft zergangen
All ihr frisches Geplauder, helles Schimmern.
Traurig kahlt die Stätte, wo einst ein Quell floß:
Horchen muß ich noch dem gewohnten Rauschen,
Ich vermisse den Bach, wie liebe Grüße,

Die sonst fernher kamen, nun ausgeblieben.
Alles still, einschläfernd, des dichten Mooses
Sanft nachgiebige Schwellung ist so ruhlich;
Möge hier mich holder Schlummer beschleichen,
Mir die Schlüssel Zu meinen Schätzen stehlen,
Und die Waffen entwinden meines Zornes,
Daß die Seele, rings nach außen vergessend,
Sich in ihre Tiefen hinein erinn're.
Preisen will ich den Schlummer, bis er leise
Naht in diesem Dunkel und mir das Aug' schließt.

Schlaf, du kindlicher Gott, du Gott der Kindheit!
Du Verjünger der Welt, die, dein entbehrend,
Rasch in wenig Stunden wäre gealtert.
Wunderthätiger Freund, Erlöser des Herzens!
Rings umstellt und bewacht am hellen Tage
Ist das Herz in der Brust und unzugänglich
Für die leiseren Genien des Lebens,
Denn ihm wandeln voran auf allen Wegen
Die Gedanken, bewaffnet, als Lictoren,
Schreckend und verscheuchend lieblichen Zauber.
Aber in der Stille der Nacht, des Schlummers,
Wacht die Seele heimlich und lauscht wie Hero,
Bis verborgen ihr Gott ihr naht, herüber
Schwimmend durch das wallende Meer der Träume.

Eine Flöte klang mir im Schlaf zuweilen,
Wie ein Gesang der Nrwelt, Sehnsucht weckend,
Daß ich süß erschüttert erwacht' in Thränen,
Und noch lange hörte den Ruf der Heimath;
Bliebe davon ein Hauch in meinen Liedern!
 
Schlaf, melodischer Freund, woher die Flöte?
Ist sie ein Ast des Waldes, durchhaucht vom Gotte,
Hört' ich im Traum des heiligen Pan Syringe?

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