Der Schiffsjunge
Buch: Gedichte - Erstes BuchSammlung: Atlantica
1. Das wilde, schäumende Roß, Gejagt von der Sporen scharfem Stoß, Auf krumm gewundner Reiterbahn Mit seitwärts geneigtem Leibe stürmt: So fliegt, wie die Flut sich senkt und thürmt, Das Schiff die Wellen hinab, hinan, Vom mächtigen Seitenwinde gefaßt, Mit tief bordüber geneigtem Mast. Es braust das Meer, es kracht und stöhnt Des beladnen Fahrzeugs schwere Wucht Auf seiner rastlos eiligen Flucht; Der Matrosen freudiges Hurrah! tönt. Der Steuermann am Ruder steht, Das Rad mit gewaltigen Armen dreht, Stets blickend scharf aufs zitternde Schwanken Der Boussole mit mancherlei frohen Gedanken: Er überzählt sein Geldchen im Stillen; Schon hört er am Strande die Fiedel klingen, Wo blühende, lustige Dirnen springen, Die gerne dem Seemann sind zu Willen. Vergnügt, die Heimath wiederzusehn, Am Verdeck frisch auf und nieder geht Waghaltenden Schritts der Capitän, Und lächelnd empor in die Segel späht, Die voll ihm schwellen zur Augenlabe Von des Windes köstlicher, flüchtiger Habe. Dort klettert ein Junge gar flink und heiter Die Sprossen hinauf der schwankenden Leiter: Schon hat er erreicht in schwankender Hast Die höchsten Segel am stolzen Mast: Den Lüftefänger, den Wolkenraser, Den Mondespflücker, den Sternengraser: Da bricht das morsche Tau entzwei, Woran er geschwebt, - ein banger Schrei - Er stürzt hinunter in's Meer, Und über ihn stürzen die Wellen her. Umsonst, Matrosen, ist euer Bemühn Den Jüngling zu retten, er ist dahin! Wie hungernde Bestien stürzen die Wellen Dem Opfer entgegen, sie schnauben und bellen: Schon hat ihn die eine wüthend verschlungen, Und über sie kommen die andern gesprungen, Die um die Gierige neidisch schwärmen Mit schäumendem Nachen und wildem Lärmen. Die Sonne wiederum zum Himmel steigt, Da ruhn die Winde, jede Welle schweigt, Und traurig steht der feiernde Matrose, Nachdenkend seinem wandelbaren Loose. Klar blickt der alte Mörder Ocean Dem Himmel zu, als hätt' er nichts gethan. 2. Aus des Frühlings warmen, weichen Armen Riß das schnelle Unglück ohn' Erbarmen Ihn hinunter in das tiefe Meer. Ueber ihm und seinen Jugendträumen Seht ihr nun die kalten Wogen schäumen; Seine Heimath grüßt er nimmermehr. Oder hat der Frühling eine Kunde Senden wollen nach dem kühlen Grunde, Als er diesen Jüngling fallen lieh? Sammeln sich um ihn die Seejungfrauen, Froherstaunt, in der Korallenauen Stillem, trübe dämmerndem Verließ? Flechten sie schon freudig und erschrocken, Schöner Fremdling, in die nassen Locken Muscheln dir zum weißen Rosenkranz? Werden sie in ihren Felsenriffen Nicht von dunkler Sehnsucht schon ergriffen Nach des Erdenfrühlings heiterm Glanz?
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