Vergaenglichkeit

Buch: Gedichte - Erstes Buch
Sammlung: Vermischte Gedichte

Vom Berge schaut hinaus in's tiefe Schweigen
Der mondbeseelten schönen Sommernacht
Die Burgruine; und in Tannenzweigen
Hinseufzt ein Lüftchen, das allein bewacht
Die trümmervolle Einsamkeit,
Den bangen Laut: "Vergänglichkeit!"

"Vergänglichkeit!" mahnt mich im stillen Thale
Die ernste Schaar bekreuzter Hügel dort,
Wo dauernder der Schmerz in Todtenmale,
Als in verlassne Herzen sich gebohrt;
Bei Sterbetages Wiederkehr
Befeuchtet sich kein Auge mehr.

Der wechselnden Gefühle Traumgestalten
Durchrauschen äffend unser Herz; es sucht
Vergebens seinen Himmel festzuhalten,
Und fortgerissen in die rasche Flucht
Wird auch der Jammer; und der Hauch
Der sanften Wehmuth schwindet auch.

Horch' ich hinab in meines Busens Tiefen,
"Vergänglichkeit!" klagt's hier auch meinem Ohr,
Wo längst der Kindheit Freudenkläng' entschliefen,
Der Liebe Zauberbild sich still verlor;
Wo bald in jenen Seufzer bang
Hinstirbt der letzte frohe Klang.

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