An die Alpen
Buch: Gedichte - Zweites BuchSammlung: Vermischte Gedichte II
Alpen! Alpen! unvergeßlich seyd Meinem Herzen ihr in allen Tagen; Bergend vor der Welt ein herbes Leid, Hab' ich es zu euch hinaufgetragen. Für das Unglück steht ein Gnadenbild Zwischen Felsen heimlich eingeschlossen, Eine Kluft ist's, einsam, tief und wild, Durch den Abgrund ist ein Quell gestoßen. Wie die Brust Maria's schwertdurchbohrt Ist zu schau'n in christlicher Kapelle, So Natur, der heil'gen Mutter dort, Schien das Herz durchschnitten von dem Quelle. Grauer Felsen ewig starrer Blick Hangt hinab zur tiefgerissnen Wunde, Und der Mensch mit seinem Mißgeschick Lauscht dem Strom, der immer klagt im Grunde. Tausendstimmig braust ein dunkler Schmerz In des Stroms zerbrochenen Akkorden, Und aufhorchend ist des Menschen Herz Seiner eignen Klage still geworden. Wird des Unglücks heil'ger Sinn geahnt, Hat der Kummer seinen Groll verloren: Rauschend hat mich's an der Kluft gemahnt: Schmerz und Liebe hat die Welt geboren. Schmerz und Liebe ist des Menschen Theil, Der dem Weltgeschick nicht feig entwichen! Zieht er aus dem Busen sich den Pfeil, Ist er für die Welt und Gott verblichen. Heimweh jagt des Abgrunds wilden Schaum: Läßt Natur die Erd' in Freuden prangen, Schildert sie der Zukunft schönen Traum; All ihr Herz ist Sehnen und Verlangen. Heimweh ist es, wenn die Liebe naht, Ist der Grund des nie gestillten Fragens, Heimweh jede große Menschenthat, Und die Wunder himmlischen Entsagens. Alpen, o wie stärkte mich die Nast, Lagernd auf dem weichen Grün der Wiesen, Kräuterdüfte fächelten den Gast, Eisgeharnischt ragten eure Riesen. Lerche sang ihr lustverwirrtes Lied, Schweigend strich der Adler durch's Gesteine, Und die Gipfel, als die Sonne schied, Schwelgten stumm im letzten Purpurscheine. Eine Heerde irrt' am Wiesenhang, Kühe weidend pflückten ihre Beute, Und die Glock' an ihrem Halse tlang Für die Kräuter sanftes Sterbgeläute. Kaum vernehmbar kam der müde Schall Jener Kluft herüber mit den Winden: Wo so hoher Frieden überall, Lieh die Ruh in Gott sich vorempfinden. Frischen Muth zu jedem Kampf und Leid Hab' ich thalwärts von der Höh getragen: Alpen! Alpen! unvergeßlich seyd Meinem Herzen ihr in allen Tagen.
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